Für die Bearbeitung von Visaanträgen zum Familiennachzug eritreischer Staatsangehöriger ist grundsätzlich die deutsche Botschaft in Nairobi (Kenia) örtlich zuständig. Aufgrund der tatsächlichen Entfernung dieser beiden Länder kommt im Rahmen der Beratung zum Familiennachzug jedoch auch den Auslandsvertretungen der unmittelbaren Nachbarstaaten in Khartum (Sudan) und Addis Abeba (Äthiopien) besondere Bedeutung zu, welche im Folgenden hinsichtlich ihrer Besonderheiten ebenso betrachtet werden sollen.
Obgleich das eritreische Urkundensystem seit vielen Jahren als unzuverlässig gilt (vgl. BT-Drs. 18/9477, S.7 f.), werden eritreische Staatsangehörige im Visumsverfahren bei deutschen Auslandsvertretungen zur Vorlage von Dokumenten aufgefordert, deren Beibringung sich aus Sicht der nachzugswilligen Familienangehörigen häufig als unzumutbar oder unmöglich darstellt. Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen einführenden Überblick über einige in Eritrea bekannte Dokumente vermitteln, denen für die Nachweisführung im Visumsverfahren besondere Bedeutung zukommen kann.
Vertiefend zu den Schwierigkeiten des eritreischen Dokumentensystems, den Möglichkeiten der nachträglichen Dokumentenbeschaffung und beispielhaften Erscheinungsbildern, siehe:
1. Nationalpass
Verbunden mit einer Politik Eritreas, wonach eritreische Staatsangehörige für das Verlassen ihres Landes ein Visum benötigen („exit visa“), wird die Ausstellung von Passpapieren häufig durch die inländischen Behörden zurückgewiesen. Zudem beschreibt der „Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Jahr 2020“ in Eritrea, erstellt durch das US Department of State (USDOS), dass für die auswärtigen Angelegenheiten der Vereinigten Staaten zuständig ist, die Anforderungen für den Erhalt von Pässen und Ausreisevisa als uneinheitlich und intransparent (verfügbar unter ecoi.net: https://www.ecoi.net/de/dokument/2048098.html). Den vorliegenden Erkenntnissen folgend kann die Ausstellung von Passpapieren daher weniger als ein praktizierbares Recht des Einzelnen in Eritrea verstanden werden, sondern eher als ein Privileg einer schwer zu identifizierenden Minderheit. Insbesondere Personen im militärfähigen Alter bleibt die Möglichkeit zur legalen Ausreise meist verwehrt, vgl. Länderanalyse SEM, S. 34 f..
Weiterführende Hinweise zur Passpflicht im Visumsverfahren siehe nachfolgend unter „Passpflicht“
2. Geburtsurkunde
Gemäß eritreischem Recht (Art. 57, 58, 72, 73 des Übergangs-Zivil-Gesetzbuches i.V.m. Art. 5 und 6 des EPLF-Zivilgesetzbuchs) müssen Eltern Geburten innerhalb von 90 Tagen bei den zivilen Behörden registrieren. Dennoch ist besonders in ländlichen Gegenden die Registrierung von Geburten eher unüblich. Darüber hinaus existiert kein einheitliches Verfahren für die Ausstellung von Geburtsurkunden in Eritrea, vgl. Länderanlyse SEM, S.14 f. Zudem kommt dem Dokument für die Lebensführung in Eritrea wenig Bedeutung zu. Eine Ausnahme soll allenfalls gelten, soweit es um die Altersfeststellung bei der Registrierung für die Schule geht. Kann in diesen Fällen keine Geburtsurkunde vorgelegt werden, kommen vor Ort alternative Nachweisführungen in Betracht (z.B. Taufurkunden, weitverbreitet bei christlichen Familien bzw. Impfkarten bei nicht-christlichen Familien).
3. Eheurkunde
Das eritreische Recht erkennt drei Arten der Eheschließung als rechtsgültig an (zivile Heirat, religiöse Heirat und gewohnheitsrechtliche Heirat). Jede dieser Formen zieht die Feststellung der Eheschließung durch Ausstellung einer Eheurkunde nach sich. Zu beachten ist jedoch, dass während im Rahmen der zivilen Eheschließung vor dem Standesamt unmittelbar eine staatliche Heiratsurkunde zur Verwendung im Visumsverfahren ausgestellt wird, die religiöse, sowie die gewohnheitsrechtliche Heirat, einer nachträglichen Registrierung der Eheschließung bei den zuständigen eritreischen Behörden bedürfen, um eine vergleichbare Beweiskraft im Verfahren vor der deutschen Auslandsvertretung zu erlangen. Weitergehende Informationen zur Registrierungspflicht/-verfahren vgl. Länderanalyse SEM, S. 16f..
4. Identitätskarte
Sie wird umgangssprachlich auch „Tasera“ oder „Mennenet“ genannt und ist in 3 unterschiedlichen Erscheinungsformen („Blaue Identitätskarte/ Maschinenlesbare Identitätskarte/ Provisorische Identitätskarte“) bekannt, vgl. hierzu Länderanalyse SEM (S. 19-29) mit beispielhaften Darstellungen des Erscheinungsbildes und weiterführenden Informationen zum jeweiligen Antragsverfahren.
Herauszustellen ist, dass die Informationslage zu den Voraussetzungen für den Erhalt einer solchen Identitätskarte weder für Eritrea noch im Rahmen der Antragstellung bei einer eritreischen Auslandsvertretung als konsistent beschrieben werden kann. Oftmals wird hierzu der Nachweis der eritreischen Staatsangehörigkeit thematisiert, wobei die Angaben zur erforderlichen Nachweisführung zwischen den Regionen, aber auch im Fall der Antragstellung bei eritreischen Behörden im Ausland deutlich divergieren.
5. Einwohner- und Familienkarte
Die Einwohnerkarte, umgangssprachlich „Nay Nebarinnet“ genannt, stellt einen Auszug aus dem 2001 eingeführten digitalen Bevölkerungsregister dar und fungiert in der eritreischen Alltagspraxis als ersatzweiser Identitätsnachweis, insbesondere da seit 2014 nur noch vereinzelt Identitätskarten ausgestellt werden vgl. Länderanalyse SEM, S. 43 f.. Sie enthält Angaben zur Herkunftsregion einer Person und schreibt damit verbindlich fest, innerhalb welchen Gebietes sich diese rechtmäßig bewegen kann. Dies stellt nach Berichten aus der Praxis einen wesentlichen Grund dafür dar, dass dieses Dokument auf der Flucht selten mitgeführt wird. Die Einwohnerkarte wird nur für volljährige Personen ausgestellt. Minderjährige Familienmitglieder werden durch die sogenannte „Familienkarte“ ausgewiesen, welche die Namen aller Mitglieder einer Familie abbildet und gleichsam durch das vorbezeichnete digitale Bevölkerungsregister generiert wird. Beide Dokumente dienen als Zugang zum staatlich subventionierten Lebensmittel-Verteilsystem.
6. Lebensmittelkarte
Auch dieses Dokument dient nach eritreischem Recht nicht als Identifikationsdokument, hat aber für die Lebensführung in Eritrea erhebliche Bedeutung, da sie den Zugang zu subventionierter Ware in den durch die Regierungen betriebenen Geschäften gewährt. Sie enthält rudimentäre Informationen zu den Familienmitgliedern und ist vorwiegend in urbanen Gebieten verbreitet.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Uneinheitlichkeit der Ausstellung vieler der vorbezeichneten Dokumente nicht selten zu Problemen im Visumsverfahren führt. Insbesondere können Fehler in der Schreibweise von Namen oder Datumsangaben (häufig initiiert durch die Umwandlung der Angaben vom koptischen Kalender in den gregorianischen Kalender) Probleme für die Beweiskraft der Angaben im Visumsverfahren verursachen. Daher sollten einzubringende Dokumente stets auf einen kongruenten Informationsgehalt überprüft werden.
Da für die Botschaften in Addis Abeba und Khartum hinsichtlich eritreischer Staatsangehöriger keine Sonderzuständigkeit besteht, muss dieser Personenkreis für die Bearbeitung des Visumantrags zum Zweck des Familiennachzugs den Nachweis erbringen, dass sie in dem betreffenden Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (vgl. Einleitung des Verfahrens).
Der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts kann vor der deutschen Botschaft in Addis Abeba entweder durch die Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis (gültig seit 6 Monaten) oder einen „Proof of Registration“ (POR) beim UNHCR geführt werden.
Wie läuft die Registrierung für Flüchtlinge in Äthiopien ab?
Aufgrund des aktuellen Konflikts in der Region Tigray liegen zur Zeit nur eingeschränkt Informationen zum Ablauf des Registrierungsverfahrens in Äthiopien vor. Zu den Auswirkungen des bewaffneten Konflikts in der Tigray Region seit November 2020 siehe Operational Data Portal von UNHCR mit spezifischen Informationen zur Situation in der Region, einschließlich aktueller Bemühungen des UNHCR, örtlicher Behörden und Partner, die Familiensuche und -zusammenführung zu unterstützen.
Flüchtlinge, die aus den Nachbarstaaten nach Äthiopien einreisen, müssen sich grundsätzlich nach der Einreise behördlich registrieren. Die Registrierung erfolgt normalerweise in der Grenzregion und in Registrierungszentren. Eritreische Flüchtlinge werden in der Regel an die Camps in Afar im Nordosten Äthiopiens und Shire in der Tigray Region verwiesen. Somalische Flüchtlinge werden hauptsächlich in den Flüchtlingscamps in Dollo Ado und Jijiga untergebracht; siehe Kartenmaterial über folgenden Link: http://reporting.unhcr.org/node/5738#_ga=1.82171614.953390486.1464787750
Für die Registrierung ist die äthiopische Regierungsbehörde ARRA (Administration for Refugee and Returnee Affairs) zuständig. Darüber hinaus (nach erfolgter behördlicher Registrierung) stellt UNHCR Dokumente in den Camps aus. Im Rahmen der Registrierung erhalten Flüchtlinge Registrierungs- und Identitätsdokumente, die für weitere Verfahren, inklusive Genehmigungsverfahren zur Ausreise aus den Camps (Pass permit) und das Visumsverfahren erforderlich sind. Der vorbezeichnete POR wird Flüchtlingen in den Camps auf Anfrage ohne weitere Voraussetzung von UNHCR ausgestellt.
Ergänzende Hinweise:
Seit April 2020 verdichten sich Hinweise aus der Praxis, wonach es zu einer Veränderung hinsichtlich der (automatischen) Anerkennung von Personen aus dem benachbarten Eritrea als Flüchtlinge gekommen sei. Diesem Personenkreis werde nach inoffiziellen Angaben der ARRA gegenüber humanitären Partnerorganisationen nicht mehr „prima facie“-Flüchtlingsstatus erteilt. Die äthiopische Regierung habe zudem im Januar 2020 damit begonnen, bestimmte Kategorien von neuankommenden Personen aus Eritrea von einer Registrierung auszuschließen, darunter unbegleitete Minderjährige, vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zu Äthiopien vom 28.05.2020 mit Informationen zum Asylverfahren für EritreerInnen.
Flüchtlinge in Äthiopien unterliegen grundsätzlich der sog. “Encampment Policy”, d.h. sie sind aufgefordert, sich nach der Registrierung in Flüchtlingscamps aufzuhalten und werden daher nach erfolgter Registrierung den erwähnten Flüchtlingscamps zugewiesen. Die Verwaltung aller Camps unterliegt der Verantwortung von ARRA. Zur Ausreise aus den Camps (z.B. zum Zwecke der Durchführung eines Visumsverfahrens) wird eine Genehmigung (Pass permit) der Campbehörden benötigt. Für die Erteilung einer Genehmigung zur Ausreise zum Zwecke der Visumsbeantragung, verlangen die Behörden die Vorlage bestimmter Dokumente, wie bspw. Nachweise über die Registrierung bei ARRA und UNHCR, Nachweise über die Flüchtlingsanerkennung des/r Angehörigen in Deutschland, Bestätigung des Termins zur Vorsprache bei der deutschen Botschaft. Für die Übermittlung von Dokumenten an Angehörige in den Camps kann bspw. die folgende Faxnummer des ARRA Büros in Addis Abeba genutzt werden: +251 0111552008 und +251 111550433. Darüber hinaus ist der Aufenthalt außerhalb der Camps in den urbanen Gebieten in Äthiopien nur eingeschränkt möglich (z.B. äthiopischer Verpflichtungsgeber, der die Kosten des Aufenthalts trägt oder aus Gründen medizinischer Behandlung bzw. zum Zweck des Besuchs von Familienangehörigen innerhalb Äthiopiens).
Der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts kann vor der deutschen Botschaft in Khartum entweder durch die Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis (gültig seit 6 Monaten) oder die Registrierung durch den Commissioner of Refugees (COR-ID) oder UNHCR (case file/mandate letter) geführt werden. Bereits im Rahmen der Terminbuchung über das Online-Buchungssytem der deutschen Botschaft in Khartum wird die Art der Aufenthaltsberechtigung abgefragt: https://service2.diplo.de/rktermin/extern/choose_categoryList.do?locationCode=khar&realmId=739
Wie erhält eine Person die notwendige COR-ID im Sudan?
Eritreische Flüchtlinge, die in den Sudan einreisen, sind grundsätzlich verpflichtet, sich zunächst bei der für die jeweilige Grenzregion zuständigen Stelle des sudanesischen Commissioner for Refugees (COR) registrieren zu lassen und sich während dieses Verfahrens in den dazugehörigen Flüchtlingscamps aufzuhalten. Eritreische Flüchtlinge werden in der Regel in den Flüchtlingscamps im Ostsudan (wie bspw. Shagarab) untergebracht. Eine Registrierung bei COR in Khartum ist in der Regel nicht möglich. Nach Beendigung des Registrierungsverfahrens wird von COR eine Identitätskarte für Flüchtlinge (COR refugee Card „Yellow Card“) mit einer befristeten Gültigkeit ausgestellt. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist eine Verlängerung erforderlich. Die Verlängerung ist normalerweise nur bei der COR-Stelle möglich, die die Karte ausgestellt hat.
UNHCR hat in der Vergangenheit in Ausnahmefällen Registrierungen in Khartum vorgenommen, wenn aus Sicht von UNHCR eine besondere Schutzbedürftigkeit gegeben war. Dies betraf insbesondere Fälle von unbegleiteten minderjährigen Kindern.
Ergänzende Hinweise:
Für das Verlassen der Camps ist eine offizielle Genehmigung der sudanesischen Behörden erforderlich. Die Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge im Sudan ist grundsätzlich stark eingeschränkt und unterliegt strengen Kontrollen der sudanesischen Sicherheitsbehörden. Das Verlassen der Flüchtlingslager wird nur in bestimmten Fällen, wie zum Beispiel zur Vorsprache bei einer Botschaft und Beantragung eines Visums zur Familienzusammenführung, gewährt. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge muss außerdem eine Reisebegleitung organisiert werden.
In in den Camps, aber auch möglichen Ansprechpartnern vor Ort sind dem englischsprachigen Hinweisblatt von UNHCR "ENTITLEMENTS, SERVICES and OBLIGATIONs in the camps" zu entnehmen.
Da die deutsche Botschaft in Nairobi durch Ermächtigung des Auswärtigen Amtes für die Bearbeitung entsprechender Visaanträge zum Familiennachzug eritreischer Staatsangehöriger örtlich zuständig ist, ist der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts in Kenia nicht erforderlich.
Dennoch sei ergänzend für Informationen zum staatlichen Registrierungsverfahren für Flüchtlinge in Kenia auf die Webseite des kenianischen Innenministeriums („Department of Refugee Affairs“) verwiesen: http://www.immigration.go.ke/index.html sowie Informationen des UNHCR unter: http://www.unhcr.org/ke/registration
Die Vorlage eines eritreischen Nationalpasses wird regelmäßig zur Durchführung des Visumsverfahrens durch die Botschaften verlangt. Selbst in Fällen, in denen eritreische Staatsangehörige ins Ausland flüchten, ohne dabei im Besitz eines Nationalpasses zu sein, sei es diesem Personenkreis nach Ansicht des Auswärtigen Amtes möglich und zumutbar, sich an eine eritreische Auslandsvertretung zur Passbeschaffung zu wenden. Die Tatsache, dass die eritreischen Auslandsvertretungen im Rahmen dessen die Zahlung einer Diaspora-Steuer in Höhe von 2% des seit der Flucht „erwirtschafteten“ Vermögens und eine Reueerklärung der antragstellenden Person verlangen, begründe hierbei keine Unzumutbarkeit. Zu den Bedenken eines solchen Vorgehens, vgl. Passpflicht.
Eine Ausnahme vom Erfordernis der Passpflicht galt bislang im Rahmen der Antragstellung bei der Auslandsvertretung in Addis Abeba. Da in Äthiopien bis Juli 2018 keine eritreische Auslandsvertretung angesiedelt war, bestand die vorbezeichnete Möglichkeit der nachträglichen Passbeschaffung nicht. Sofern eritreische Staatsangehörige keinen Nationalpass vorlegen konnten, genügte der Botschaft die Vorlage eines „Emergency Travel Document“ (ETD), welches vom äthiopischen „Main Department for Immigration and Nationality Affairs“ ausgestellt wird. Da dieses Dokument jedoch nicht visierfähig ist, musste mit der Vorlage eines ETD die Ausnahme von der Passpflicht beantragt werden (zum Verfahren vgl. ebenso Passpflicht). Genehmigte das BAMF die Ausnahme der Passpflicht, wurde der betroffenen Person ein Blattvisum erteilt, welches im Zusammenhang mit dem ETD zur Einreise nach Deutschland berechtigte. Mit der Eröffnung der eritreischen Botschaft in Äthiopien im Juli 2018 ist davon auszugehen, dass sich dieses Vorgehen künftig ändern könnte. Auch wenn gemäß Erkenntnisstand vom April 2021 die Wiederaufnahme entsprechender konsularischer Dienste noch aussteht, sollten diesbezügliche Entwicklungen mit Blick auf das Erfordernis der Passpflicht auf der Webseite der Deutschen Botschaft und den dort bereitgestellten Merkblättern regelmäßig überprüft werden.
Obgleich es für die Wirksamkeit der Eheschließung nach eritreischem Recht nicht darauf ankommt, ob die Heirat standesamtlich, religiös oder gewohnheitsrechtlich erfolgte (vgl. "Zur Anerkennung eritreischer Eheschließungen. Zum Umgang mit religiös geschlossenen eritreischen Ehen beim Familiennachzug", Beitrag von Michael Ton im Asylmagazin 03/2018, S. 71-76, sowie VG Berlin, Urteil vom 13.10.2020 - 12 K 521.19 V, Rn. 24), verlangen die deutschen Auslandsvertretungen im Rahmen des Familiennachzug eritreischer Staatsangehöriger regelmäßig den Nachweis der staatlichen Registrierung der Eheschließung, der durch das eritreische Außenministerium in Asmara überbeglaubigt werden muss.
Dies bedeutet, dass soweit die Ehe in Eritrea standesamtlich geschlossen wurde, die Vorlage der überbeglaubigten Original Heiratsurkunde als aureichend erachtet wird. Bei einer religiösen oder gewohnheitsrechtlichen Eheschließung ist neben dem Nachweis der Eheschließung zudem der gesonderte Nachweis der staatlichen Registrierung zu führen, der vom eritreischen Außenministerium überbeglaubigt werden muss. Dieser Nachweis wird in allen Fällen des Familiennachzugs (Ehegatten-, Kinder- und Elternnachzug) gefordert, vgl. exemplarisch "Merkblatt Familienzusammenführung zum somalischen/ eritreischen Flüchtling" der Deutschen Botschaft in Addis Abeba.
Insbesondere bei nichtstandesamtlichen Eheschließungen führt dies in der Praxis häufig zu Problemen, da gerade Menschen aus den ländlichen Regionen Eritreas die notwendige Registrierung der Eheschließung nicht vorweisen können. Das Auswärtige Amt vertritt insoweit die Ansicht, dass, auch wenn zu Beginn der Unabhängigkeit Eritreas kein flächendeckendes Netz an Standesämtern existierte, ein solches System im Laufe der Zeit aufgebaut wurde und eine Nachregistrierung vielerorts möglich sei. Dem widerspricht der Bericht „Eritrea: Registrierung von Eheschließungen“ der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 19.Juli 2018 (vgl. S. 6), sowie die Länderanalyse „Focus Eritrea Identitäts- und Zivilstandsdokumente“ des Schweizerischen Staatsekretariats für Migration (SEM) vom 21.01.2021 (S.10), wonach bislang nicht alle Verwaltungsbezirke über ein notwendiges Standesamt verfügen und eine flächendeckende Nachregistrierung von Zivilstandsereignissen, die vor der Einführung des neuen Civil Code (CC) im Mai 2015 eintraten, weder personell noch ressourcenmäßig vorgesehen seien.
Der erforderliche Nachweis der Registrierung der Eheschließung stellt die Betroffenen zudem vor ein weiteres Problem: Im Zeitpunkt der Kenntnisnahme einer notwendigen Registrierung der Eheschließung (oft erst im Visumsverfahren) sind die nachzugswilligen Ehepartner in der Regel selbst schon aus Eritrea geflohen. Aus der Beratungspraxis ist jedoch bekannt, dass die eritreischen Behörden ihrerseits auch für die Nachregistrierung der Ehe eine persönliche Vorsprache der Ehegatten verlangen. Vertiefend zur Problematik: "Zur Anerkennung eritreischer Eheschließungen. Zum Umgang mit religiös geschlossenen eritreischen Ehen beim Familiennachzug", Beitrag von Michael Ton im Asylmagazin 03/2018, S. 71-76.
Trotz dieser Sachlage folgt das Auswärtige Amt der Auffassung, dass die (nachträgliche) Registrierung der Eheschließung zum Nachweis der Echtheit der vorgelegten Urkunde erforderlich sei.
Betroffene sollten im Rahmen der Beratung darüber aufgeklärt werden, dass die Registrierung nur bei den zuständigen staatlichen Behörden in Eritrea vorzunehmen ist. Dies gilt auch, soweit sich Betroffene zu diesem Zweck an die eritreische Botschaft in Berlin bzw. an das eritreische Konsulat in Frankfurt am Main wenden. Auch in diesen Fällen wird die Registrierung von den Behörden in Eritrea vorgenommen. Zu den Vorbehalten der Kontaktaufnahme einer in Deutschland anerkannten, schutzberechtigten Person mit staatlichen Behörden des Herkunftslandes vgl. Passpflicht. Erlangt ein nachzugswilliges Familienmitglied die Registrierung anderweitig, muss damit gerechnet werden, dass es sich um eine Fälschung handelt, was die deutschen Auslandsvertretungen berechtigt, den Visumsantrag wegen falscher Angaben im Verfahren gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 53 AufenthG abzulehnen. Hierüber wird jeder Antragsteller zu Beginn des Visumsverfahrens belehrt und versichert die Richtigkeit seiner Angaben mit seiner Unterschrift auf dem Belehrungsbogen bei Antragstellung. Hierauf sollte auch im Rahmen der Beratung nochmals hingewiesen werden.
Als Anknüpfungspunkt zum Thema Registrierung von Eheschließungen eritreischer Flüchtlinge in Äthiopien siehe "FAQS ON VITAL EVENTS - Registration for Refugees in Ethiopia" (S.5).
Im Rahmen des alleinigen Nachzugs eines minderjährigen, unverheirateten Kindes zu einem in Deutschland schutzberechtigten Elternteil (§§ 29, 32 AufenthG) ist der Nachweis der Sorgerechtslage zu erbringen. Dies kann durch die Vorlage eines gerichtlichen Sorgerechtsbeschluss oder ggfls. einer Sterbeurkunde erfolgen. Verbleibt ein Elternteil im Ausland, kann bei der deutschen Botschaft in Khartum zudem eine notariell beglaubigte Zustimmung des im Sudan oder Eritrea verbleibenden Elternteils vorgelegt werden. Die Botschaft in Nairobi verlangt hingegen eine persönlich in der Botschaft abgegebene Einverständniserklärung des anderen Elternteils unter Vorlage von Pass oder ID.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) unterstützt Familienangehörige von eritreischen Schutzberechtigten bei der Ausreise nach Deutschland. Zu diesem Zweck hat IOM im Rahmen des Familienunterstützungsprogramms (FAP) unter anderem jeweils ein Servicezentrum in Nairobi (Kenia), Addis Abeba (Äthiopien) und Khartum (Sudan) eröffnet.
Informationen zur Erreichbarkeit der einzelnen IOM-FAP Zentren sind dem Hinweisblatt "FAP Kontaktinformationen" zu entnehmen.
Während es anfangs Aufgabe dieser FAP-Zentren war, nachzugswilligen Familienangehörigen von Schutzberechtigten in Deutschland bei Fragen zum Visumsverfahren zu helfen und gemeinsam sicherzustellen, dass alle notwendigen Dokumente beim Vorsprachetermin in der deutschen Auslandsvertretung vorgelegt werden konnten, sind diese inzwischen anstelle der deutschen Auslandsvertretungen mit der Entgegennahme von Visumsanträgen und der Erhebung biometrischer Daten der antragstellenden Person an den vorbezeichneten Standorten betraut. Dies bezieht sich auf Antragstellende eritreischer und anderer Staatsangehörigkeit. Informationen zur Terminvergabe finden sich auf den Webseiten der zuständigen deutschen Auslandsvertretung.
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