Die deutsche Botschaft in Asmara (Eritrea) bearbeitet keine Visaanträge. Für die Bearbeitung von Visaanträgen zum Familiennachzug eritreischer Staatsangehöriger ist grundsätzlich die deutsche Botschaft in Nairobi (Kenia) örtlich zuständig. Aufgrund der tatsächlichen Entfernung dieser beiden Länder kommt im Rahmen der Beratung zum Familiennachzug jedoch auch den deutschen Auslandsvertretungen der unmittelbaren Nachbarstaaten in Khartum (Sudan) und Addis Abeba (Äthiopien), besondere Bedeutung zu, welche im Folgenden hinsichtlich ihrer Besonderheiten ebenso betrachtet werden sollen.
Nur für die Botschaft in Nairobi (Kenia) besteht eine Sonderzuständigkeit für eritreische Antragstellende. Wenn eritreische Staatsangehörige bei anderen deutschen Auslandsvertretungen einen Visumsantrag stellen möchten, müssen sie den Nachweis erbringen, dass sie in dem betreffenden Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (zum Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts", vgl. Verfahren -> Antragstellung).
Nairobi (Kenia)
Der deutschen Botschaft in Nairobi wurde durch Ermächtigung des Auswärtigen Amtes die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Visaanträgen zum Familiennachzug eritreischer Staatsangehöriger übertragen. Daher ist für eritreische Staatsangehörige der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts in Kenia nicht erforderlich.
Dennoch sei ergänzend für Informationen zum staatlichen Registrierungsverfahren für Flüchtlinge in Kenia auf die Webseite des kenianischen Innenministeriums („Department of Refugee Services“) verwiesen: https://refugee.go.ke/?page_id=620 sowie auf die Informationen der UNHCR Kenya Help Website. Denn es bedarf beispielsweise zum Verlassen Kenias grundsätzlich eines Exit-Visums. Dieses stellen die kenianischen Behörden jedoch nur für registrierte Geflüchtete aus (Stand 10/2023, vgl. Fortbildung vom 12.10.2023 "Familiennachzug von Personen mit Herkunftsland Eritrea", Präsentation von UNHCR Kenia).
Zu den Merkblättern der erforderlichen Unterlagen für ein Visum zur Familienzusammenführung, s. Website der deutschen Botschaft Nairobi (nur auf Englisch).
Die Zusammenstellung der Unterlagen und Einreichung des Visumsantrags erfolgt durch das Familienunterstützungsprogramm der IOM (s. unten Unterstützung durch FAP-Zentren von IOM)
Der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts in Äthiopien kann vor der deutschen Botschaft in Addis Abeba entweder durch die Vorlage einer äthiopischen Aufenthaltserlaubnis (gültig seit 6 Monaten) oder einen „Proof of Registration“ (POR) beim UNHCR geführt werden (vgl. Informationen zu den erforderlichen Unterlagen für ein Visum zur Familienzusammenführung auf der Website der deutschen Botschaft Addis Abeba).
Der UNHCR war bis Juli 2022 für die Flüchtlingsregistrierung in Äthiopien zuständig. Danach wurde die Registrierung an die nationale Behörde RRS (Refugee & Returnee Service) übergeben.
Die Zusammenstellung der Unterlagen und Einreichung des Visumsantrags erfolgt durch das Familienunterstützungsprogramm der IOM (s. unten Unterstützung durch FAP-Zentren von IOM).
Achtung! Die deutsche Botschaft Khartum ist seit April 2023 bis auf Weiteres geschlossen. Für Informationen zu bereits anhängigen Visumsverfahren, s. FAQ der Website der deutschen Botschaft Khartum.
Der Nachweis des gewöhnlichen Aufenthalts kann vor der deutschen Botschaft in Khartum entweder durch die Vorlage einer sudanesischen Aufenthaltserlaubnis (gültig seit 6 Monaten) oder die Registrierung durch den Commissioner of Refugees (COR-ID) oder UNHCR (case file/mandate letter) geführt werden.
Die Zusammenstellung der Unterlagen und Einreichung des Visumsantrags erfolgt durch das Familienunterstützungsprogramm der IOM (s. unten Unterstützung durch FAP-Zentren von IOM).
Kampala (Uganda)
Die deutsche Botschaft in Uganda ist nur zuständig, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in Uganda (oder im Südsudan) besteht. Der gewöhnliche Aufenthalt wird in der Regel angenommen, wenn die Antragstellenden seit mehr als 6 Monaten mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder als registrierter Flüchtling in Uganda leben.
Die Antragstellung erfolgt direkt bei der deutschen Botschaft Kampala.
Zu den Merkblättern der erforderlichen Unterlagen für ein Visum zur Familienzusammenführung, s. Website der deutschen Botschaft Kampala.
Obgleich das eritreische Urkundensystem seit vielen Jahren als unzuverlässig gilt (vgl. BT-Drs. 18/9477, S.7 f.), werden eritreische Staatsangehörige im Visumsverfahren bei deutschen Auslandsvertretungen zur Vorlage von Dokumenten aufgefordert, deren Beibringung sich aus Sicht der nachzugswilligen Familienangehörigen häufig als unzumutbar oder unmöglich darstellt. Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen einführenden Überblick über einige in Eritrea bekannte Dokumente vermitteln, denen für die Nachweisführung im Visumsverfahren besondere Bedeutung zukommen kann.
Vertiefend zu den Schwierigkeiten des eritreischen Dokumentensystems und den Möglichkeiten der nachträglichen Dokumentenbeschaffung, siehe auch:
1. Nationalpass
Die Vorlage eines eritreischen Nationalpasses wird regelmäßig zur Durchführung des Visumsverfahrens von den deutschen Auslandsvertretungen verlangt. Verbunden mit einer Politik Eritreas, wonach eritreische Staatsangehörige für das Verlassen ihres Landes ein Visum benötigen („exit visa“), wird die Ausstellung von Passpapieren häufig durch die eritreischen Behörden zurückgewiesen. Der „Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Jahr 2022“ in Eritrea, erstellt durch das US Department of State (USDOS), beschreibt die Anforderungen für den Erhalt von Pässen und Ausreisevisa erneut als uneinheitlich und intransparent (verfügbar unter ecoi.net: https://www.ecoi.net/de/dokument/2089067.html). Den vorliegenden Erkenntnissen folgend kann die Ausstellung von Passpapieren daher weniger als ein praktizierbares Recht des Einzelnen in Eritrea verstanden werden, sondern eher als ein Privileg einer schwer zu identifizierenden Minderheit. Insbesondere Personen im militärfähigen Alter bleibt die Möglichkeit zur legalen Ausreise meist verwehrt, vgl. Länderanalyse SEM, S. 34 f..
Allgemeine Hinweise zur Passpflicht im Visumsverfahren siehe unter „Passpflicht“
2. Geburtsurkunde
Gemäß eritreischem Recht müssen Eltern Geburten innerhalb von 90 Tagen bei den zivilen Behörden registrieren. Dennoch ist besonders in ländlichen Gegenden die Registrierung von Geburten eher unüblich. Darüber hinaus existiert kein einheitliches Verfahren für die Ausstellung von Geburtsurkunden in Eritrea, vgl. Länderanlyse SEM, S.14 f. Zudem kommt dem Dokument für die Lebensführung in Eritrea wenig Bedeutung zu. Eine Ausnahme soll allenfalls gelten, soweit es um die Altersfeststellung bei der Registrierung für die Schule geht. Kann in diesen Fällen keine Geburtsurkunde vorgelegt werden, kommen vor Ort alternative Nachweisführungen in Betracht (z.B. Taufurkunden, weitverbreitet bei christlichen Familien bzw. Impfkarten bei nicht-christlichen Familien).
3. Eheurkunde
Das eritreische Recht erkennt drei Arten der Eheschließung als rechtsgültig an (zivile Heirat, religiöse Heirat und gewohnheitsrechtliche Heirat). So können beispielsweise innerhalb Eritreas religiöse Eheurkunden alsgültige Dokumente betrachtet werden. Die deutschen Auslandsvertretungen verlangen jedoch regelmäßig den Nachweis der staatlichen Registrierung der Eheschließung. Im Rahmen der zivilen Eheschließung vor dem Standesamt wird unmittelbar eine staatliche Heiratsurkunde ausgestellt. Bei religiösen sowie gewohnheitsrechtlichen Eheschließungen bedarf es einer nachträglichen staatlichen Registrierung der Eheschließung durch eine überbelaubigte Urkunde von den zuständigen eritreischen Behörden. Weitergehende Informationen zur Eheschließung und Schwierigkeiten der (nachträglichen) Registrierung vgl. Länderanalyse SEM, S. 16ff; Caritas-Arbeitshilfe S. 9; ERBB/IRAP-Gutachten, S.30f.
4. Identitätskarte
Sie wird umgangssprachlich auch „Tasera“ oder „Mennenet“ genannt und ist in drei unterschiedlichen Erscheinungsformen („Blaue Identitätskarte/ Maschinenlesbare Identitätskarte/ Provisorische Identitätskarte“) bekannt, vgl. hierzu Länderanalyse SEM (S. 19-29) mit beispielhaften Darstellungen des Erscheinungsbildes und weiterführenden Informationen zum jeweiligen Antragsverfahren.
Die Informationslage zu den Voraussetzungen für den Erhalt einer solchen Identitätskarte kann weder für Eritrea noch im Rahmen der Antragstellung bei einer eritreischen Auslandsvertretung als konsistent beschrieben werden. Oftmals wird hierzu der Nachweis der eritreischen Staatsangehörigkeit thematisiert, wobei die Angaben zur erforderlichen Nachweisführung zwischen den Regionen, aber auch im Fall der Antragstellung bei eritreischen Behörden im Ausland deutlich divergieren.
5. Einwohner- und Familienkarte
Die Einwohnerkarte, umgangssprachlich „Nay Nebarinnet“ genannt, stellt einen Auszug aus dem 2001 eingeführten digitalen Bevölkerungsregister dar und fungiert in der eritreischen Alltagspraxis als ersatzweiser Identitätsnachweis, insbesondere da seit 2014 nur noch vereinzelt Identitätskarten ausgestellt werden vgl. Länderanalyse SEM, S. 43 f.. Sie enthält Angaben zur Herkunftsregion einer Person und schreibt damit verbindlich fest, innerhalb welchen Gebietes sich diese rechtmäßig bewegen kann. Dies stellt nach Berichten aus der Praxis einen wesentlichen Grund dafür dar, dass dieses Dokument auf der Flucht selten mitgeführt wird. Die Einwohnerkarte wird nur für volljährige Personen ausgestellt. Minderjährige Familienmitglieder werden durch die sogenannte „Familienkarte“ ausgewiesen, welche die Namen aller Mitglieder einer Familie abbildet und gleichsam durch das vorbezeichnete digitale Bevölkerungsregister generiert wird. Beide Dokumente dienen als Zugang zum staatlich subventionierten Lebensmittel-Verteilsystem.
6. Lebensmittelkarte
Auch dieses Dokument dient nach eritreischem Recht nicht als Identifikationsdokument, hat aber für die Lebensführung in Eritrea erhebliche Bedeutung, da sie den Zugang zu subventionierter Ware in den durch die Regierungen betriebenen Geschäften gewährt. Sie enthält rudimentäre Informationen zu den Familienmitgliedern und ist vorwiegend in urbanen Gebieten verbreitet.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Uneinheitlichkeit der Ausstellung vieler der vorbezeichneten Dokumente nicht selten zu Problemen im Visumsverfahren führt. Insbesondere können Fehler/Abweichungen in der Schreibweise von Namen oder Datumsangaben (häufig initiiert durch die Umwandlung der Angaben vom koptischen Kalender in den gregorianischen Kalender) Probleme für die Beweiskraft der Angaben im Visumsverfahren verursachen. Daher sollten einzubringende Dokumente stets auf einen kongruenten Informationsgehalt überprüft werden.
Für viele eritreische Familien stellt sich die Beschaffung der von den deutschen Auslandsvertretungen verlangten Dokumente als unmöglich oder unzumutbar dar. Zunächst gibt es in Eritrea kein einheitliches Dokumentensystem. Darüber hinaus verlangen die eritreischen Auslandsvertretungen für konsularische Dienstleistungen regelmäßig im Gegenzug, dass die beantragende Person eine sogenannte Reueerklärung unterzeichnet sowie eine sogenannte Diaspora-Steuer zahlt.
Das BVerwG hat mit Urteil vom 11.10.2022 (BVerwG, Urteil vom 11.10.2022 - 1 C 9.21 (Asylmagazin 4/2023, S. 100 ff.) - asyl.net: M30993) hinsichtlich der Reueerklärung entschieden, dass die Abgabe einer Reueerklärung zum Zweck der Passbeschaffung unzumutbar sei, wenn die Betroffenen plausibel bekunden, die Erklärung nicht abgeben zu wollen. Denn bei der Reueerklärung handele es sich um die Selbstbezichtigung einer Straftat ("illegale Ausreise") und angesichts der willkürlichen und menschenrechtswidrigen Strafverfolgungspraxis in Eritrea müssten Betroffene kein noch so geringes Risiko der Strafverfolgung eingehen. Die Unzumutbarkeit gilt unabhängig von Alter, Geschlecht, Aufenthaltszweck oder (asylrechtlichem) Schutzstatus. Voraussetzung ist allein die nachvollziehbare Bekundung, die Reueerklärung nicht abgeben zu wollen. Wichtig! Der Vortrag sollte nachvollziehbar im Verhältnis zum bisherigen Vortrag der betreffenden Person in ihrem Asylverfahren sein.
Das BVerwG-Urteil bezog sich zwar nicht auf einen Fall des Familiennachzugs, doch hält das Gericht die Verknüpfung einer staatlichen Leistung, welche für die Wahrnehmung von Grundrechten notwendig ist, mit der Abgabe einer strafbbewährten Selbstbezichtigung für verfassungswidrig. Mithin ist die Abgabe einer Reueerklärung zum Zweck der Passbeschaffung, aber auch wenn sie für andere konsularische Dienste gefordert wird, für eritreische Staatsangehörige unzumutbar. Gleiches sollte somit gelten, wenn eritreische Antragsstellende für die Beantragung von Dokumenten für den Familiennachzug an die eritreischen Auslandsvertretungen verwiesen werden und das Unterzeichnen einer Reueerklärung zu Voraussetzung gemacht wird (vgl. auch Präsentation zu "Familiennachzug von Personen mit Herkunftsland Eritrea" von Jutta Hermanns, DRK Generalsekretariat, 12.10.2023).
Im August 2023 hat das Bundesinnenministerium im Interesse einer einheitlichen Rechtsandwendung des Urteils Handlungsempfehlungen (Bundesministerium des Innern, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 16.08.2023 - - asyl.net: M31898) herausgegeben. Hervorzuheben ist hier, dass danach auf Vorsprachetermine bei eritreischen Auslandsvertretungen seitens eritreischer Staatsangehöriger mit Schutzstatus in Deutschland verzichtet werden sollte, bei denen üblicherweise eine Reueerklärung verlangt wird. Dies sind Personen im dienstpflichtigen Alter ab 18 Jahren bis 47 Jahren bei Frauen und bis 57 Jahren bei Männern.
Daneben spielen beim Familiennachzug aus Eritrea oftmals auch die Grundsätze der alternativen Glaubhaftmachung eine wichtige Rolle (s. auch Verfahren -> Notwendige Dokumente). Denn wenn für den Familiennachzug notwendige amtliche Dokumente fehlen und deren Beibringung unmöglich oder unzumutbar ist, können Identität und familiäre Bindungen grundsätzlich auch anderweitig glaubhaft gemacht werden. Diese Verfahren sind allerdings oftmals sehr aufwändig. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 13.03.2019 (EuGH, Urteil vom 13.03.2019 - C-635/17 E gg. Niederlande - asyl.net: M27392), dem der Nachzug eines eritreischen Kindes zu seiner Tante in die Niederlande zugrunde liegt, ein Modell für die Prüfung des Nachweises familiärer Bindungen entwickelt. Das Urteil betrifft insbesondere die Auslegung von Art. 11 Abs. 2 FamZ-RL. Vertiefende Informationen zum EuGH-Urteil und den dort entwickelten Prüfungsschritten, vgl. die Präsentation zu "Familiennachzug von Personen mit Herkunftsland Eritrea" von Jutta Hermanns, DRK Generalsekretariat, 12.10.2023 sowie Fachinformation des DRK-Suchdienstes zum Familiennachzug von und zu Flüchtlingen (März 2021).
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) unterstützt Familienangehörige von eritreischen Schutzberechtigten bei der Ausreise nach Deutschland. Zu diesem Zweck hat IOM im Rahmen des Familienunterstützungsprogramms (FAP) unter anderem jeweils ein Servicezentrum in Nairobi (Kenia), Addis Abeba (Äthiopien) und Khartum (Sudan) eröffnet.
Informationen zur Erreichbarkeit der einzelnen IOM-FAP Zentren sind dem Hinweisblatt "FAP Kontaktinformationen" zu entnehmen.
Während es anfangs Aufgabe dieser FAP-Zentren war, nachzugswilligen Familienangehörigen von Schutzberechtigten in Deutschland bei Fragen zum Visumsverfahren zu helfen und gemeinsam sicherzustellen, dass alle notwendigen Dokumente beim Vorsprachetermin in der deutschen Auslandsvertretung vorgelegt werden konnten, sind diese inzwischen anstelle der deutschen Auslandsvertretungen mit der Entgegennahme von Visumsanträgen und der Erhebung biometrischer Daten der antragstellenden Person an den vorbezeichneten Standorten betraut. Dies bezieht sich auf Antragstellende eritreischer und anderer Staatsangehörigkeit. Informationen zur Terminvergabe finden sich auf den Webseiten der zuständigen deutschen Auslandsvertretung.
Die Seite familie.asyl.net wird gefördert von UNHCR