Die hier aufbereiteten Informationen wurden nach besten Wissen und Gewissen zusammengestellt, erheben jedoch keinen den Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Änderung der Verfahren ist stets möglich, weswegen die nachfolgenden Informationen anhand der bereitgestellten Links überprüft und gegebenenfalls durch weitere Quellen hinsichtlich ihrer Aktualität geprüft werden sollten.
Aufgrund der hohen Zahl von Geflüchteten, welche in Griechenland erstmals das Gebiet Dublin Mitgliedstaaten betreten, kommt der Familienzusammenführung nach Maßgabe der Dublin III VO besondere Bedeutung zu.
Eine der größten Hürden besteht für die dort ankommenden Personen darin, tatsächlich einen Zugang zu den Behörden zu finden, um einen Asylantrag zu stellen.
Diesbezüglich sieht das griechische Asylgesetz grundsätzlich vor, dass eine Asylantragstellung durch Vorsprache bei einem der regionalen „Asylum Offices“ erfolgt. Eine Übersicht findet sich unter nachfolgendem Link: http://asylo.gov.gr/en/?page_id=49
Da die Möglichkeit einer selbst initiierten persönlichen Vorsprache zur Asylantragstellung jedoch faktisch unmöglich ist, stellen sich im Rahmen der Beratung besondere Herausforderungen. Insbesondere die nachfolgenden Fragen sind zu klären, um das richtige Vorgehen zur Familienzusammenführung zu bestimmen:
Hinsichtlich des Aufenthaltsortes der betreffenden Person ist zunächst zu unterscheiden, ob sich diese auf dem Festland oder einer der griechischen Inseln befindet.
Vorgehen auf dem Festland:
Im Juni und Juli 2016 bemühten sich die griechischen Behörden gemeinsam mit dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) und dem UNHCR im Rahmen einer großangelegten Aktion, Geflüchteten die vor dem 20. März 2016 eingereist waren, eine Vorregistrierung zu ermöglichen („pre-registration exercise“).
Im Rahmen der Vorregistrierung wurden neben Personaldaten auch erste Informationen zu Familienangehörigen in anderen EU-Mitgliedstaaten erhoben. Zudem wurden die Handynummer und die derzeitige Wohnadresse aufgenommen. Da die weitere Kontaktaufnahme mit den Betroffenen über diese Handynummer per SMS erfolgt, ist es wichtig sicherzustellen, dass der Behörde jederzeit die aktuelle Handynummer vorliegt. Daher sollten die Betroffenen jede Änderung der Adresse oder Handynummer umgehend der griechischen Asylbehörde unter new.numbers(at)asylo.gov.gr mitteilen. Hierbei ist es wichtig, Namen, Geburtsdatum, Registrierungsnummer, neue Telefonnummer und/oder neue Adresse in englischer oder griechischer Sprache anzugeben.
Diejenigen Personen, die sich im Rahmen der „pre- registration exercise“ vorregistrieren konnten, haben in der Folge Termine zwischen September 2016 und April 2017 zur Asylantragstellung erhalten.
Geflüchtete, die nicht an der „pre-registration exercise“ teilgenommen haben oder ihren Registrierungstermin versäumt haben, müssen sich weiterhin bzw. erneut per Skype um einen Termin für die Asylantragstellung bemühen. In Abhängigkeit vom Aufenthaltsort der betroffenen Person und ihrer Sprache gibt es hierfür unter "Skype" einen regelmäßig aktualisierten Zeitplan, welcher vorgibt, wann eine bestimmte Skype-ID kontaktiert werden kann, um einen Termin zu erhalten.
Sollte die Kontaktaufnahme erfolgreich sein und die betroffene Person Antwort erhalten, kann sie in der Regel innerhalb der nächsten Tage eine „International Protection Applicant Card“ (auch „Pre-registration Asylum Seeker Card“ genannt) beim lokalen Asylum Office abholen.
Nach erfolgreicher Vorregistrierung folgt in den nächsten Monaten die Registrierung, mit welcher die tatsächliche Asylantragstellung einhergeht. Ab diesem Zeitpunkt beginnen die Fristen im Dublinverfahren zu laufen und kann ein entsprechendes Übernahmeersuchen durch die griechische Asylbehörde an einen anderen Mitgliedstaat gerichtet werden.
Die Betroffenen werden per SMS über den Termin, den Ort und die Uhrzeit ihrer Registrierung/Asylantragstellung („Date of Logding“) informiert (zur Notwendigkeit der Mitteilung geänderter Handynummern siehe oben). Diese Termine sind auch im Internet unter https://search.rescueapp.org/#/search abrufbar. Dies gilt auch für Personen, die an der „pre-registration exercise“ teilgenommen haben. Hierfür ist es notwendig, die Registrierungsnummer der betroffenen Person einzugeben, welcher der International Protection Applicant Card zu entnehmen ist.
Für die Terminvergabe sind folgende Aspekte ausschlaggebend: Vulnerabilität (z.B. unbegleitete minderjährige Personen, ältere Personen, alleinstehende Frauen mit Kindern, Personen, die unter besonderen psychischen und physischen Beschwerden leiden etc.), Ankunftsdatum in Griechenland gemäß der polizeilichen Registrierung, Verfügbarkeit von Dolmetschern und Registrierungspersonal.
Hinweis für die Praxis! Da bestehende Vulnerabilitäten bereits bei der Terminvergabe berücksichtigt werden sollten, ist es in der Regel nicht möglich, die Asylbehörde mit Verweis auf die besondere Vulnerabilität zu bitten, einen Termin noch weiter nach vorne zu ziehen. Hilfreich kann eine Kontaktaufnahme jedoch in den Fällen sein, in denen Unsicherheit besteht, ob die besondere Situation der betreffenden Person im Rahmen der Vorregistrierung erfasst wurde.
Mit der Registrierung/ Asylantragstellung erhält der Asylsuchende eine neue „International Protection Applicant Card“ (auch „Full-registration Asylum Seeker Card“ genannt), welche der Karte der Vorregistrierung sehr ähnelt. Anders als die letztgenannte Karte enthält dieses Dokument nun ein „Date of interview or examination of appeal“ und eine „case number“ (statt einer „registration number“).
Ist also in der Beratungssituation unklar, in welcher Phase des Verfahrens sich die betroffene Person befindet, hilft ein Blick in die International Protection Applicant Card der in Griechenland aufhältigen Person. Diese liegt den Angehörigen oft in Kopie vor oder kann über WhatsApp unkompliziert besorgt werden. Weist diese lediglich eine Registrierungsnummer aus, ist der Termin zur Asylantragstellung noch abzuwarten. Befindet sich in dem Dokument eine „case number“, ist der Asylantrag gestellt und entsprechende Fristen für das Dublinverfahren haben begonnen zu laufen.
Als Beispiel einer Asylum Seeker Card siehe: http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2015/02/DELTIO-AITOUNTA.jpg
Zur Unterscheidung der Ausweisdokumente vor und nach der Registrierung/Asylantragstellung siehe Frage 17 unter http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2016/10/Qandanswers_ENG_OCT_V6.pdf .
Verfügt die Person über keines der beiden Dokumente, ist davon auszugehen, dass eine notwendige Vorregistrierung noch nicht stattgefunden hat und hier die Unterstützung ansetzen sollte.
Vorgehen auf den Inseln:
Geflüchtete die auf den griechischen Inseln ankommen, werden zunächst in geschlossenen Einrichtungen untergebracht.
Für geflüchtete Personen, welche nach dem 20.03.2016 ohne gültigen Aufenthaltstitel von der Türkei kommend auf den griechischen Inseln angekommen sind, wurde nach Abschluss des „Deals“ zwischen der Europäischen Union und der Türkei vom 18.03.2016 (EU-Türkei-Abkommen) ein besonderes Verfahren eingeführt, welches es den Behörden erlaubt, im Rahmen einer ersten Zulässigkeitsprüfung zu ermitteln, ob im Einzelfall eine Zurückschiebung in die Türkei in Betracht kommt. Dies kann der Fall sein, wenn die betroffene Person z.B. keinen Asylantrag stellen will oder wenn die Türkei für die betroffene Person einen sicheren Drittstaat darstellt. Weiterführend: http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2016/03/18-eu-turkey-statement/
Im Gegensatz zu Personen, welche sich auf dem Festland befinden und dort versuchen ihren Asylantrag zu stellen, wird ein Asylgesuch auf den Inseln von den Einrichtungen, in welchen die Geflüchteten zunächst untergebracht werden, entgegengenommen und an das zuständige Asylum Office weitergeleitet. Ergibt sich nach Prüfung der Zulässigkeit, dass für die betreffende Person eine Zurückschiebung in die Türkei nicht in Betracht kommt, wird ihr automatisch ein Termin zur Vorsprache bezüglich der Asylantragstellung mitgeteilt.
Gerade mit Blick auf dieses Prüfverfahren sollte eine in Griechenland ankommende, asylsuchende Person bei den dortigen Behörden frühestmöglich anzeigen, dass sich weitere Familienmitglieder bereits in einem anderen Dublin Mitgliedstaat aufhalten und dass eine Zusammenführung begehrt wird.
Im Übrigen gilt auch hier, dass zur Klärung des Stands des Asylverfahrens ein Blick in das griechische Ausweisdokument zielführend ist, um die richtigen Schritte für die Familienzusammenführung in der Beratung festzulegen.
Zuständige Behörde für die Durchführung einer Familienzusammenführung nach Maßgabe der Dublin III Verordnung ist in Griechenland das:
Ministry of Interior
Police Headquarters
Security and Order Branch
Aliens Division
Asylum Section
Greek Dublin Unit
4 Kanellopoulou St.,
GR-10177 Athens
Email: asylo(at)asylo.gov.gr
An diese Behörde sollte sich eine in Griechenland asylsuchende Person wenden, die eine Familienzusammenführung begehrt und nicht bereits zum Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung eine Zusammenführung mit einem Angehörigen in einem anderen Mitgliedstaat beantragt hat. Ebenso kann eine Kontaktaufnahme mit dieser Behörde zur Klärung des Verfahrensstandes dienen.
Im Mai 2017 hatten griechische Medien noch darüber berichtet, dass Deutschland den Familiennachzug von Schutzsuchenden aus Griechenland im Rahmen des Dublinverfahrens "gedeckelt" habe (vgl.: asyl.net Meldung vom 02.06.2017), woraufhin mehrere deutsche Gerichte dieser Verwaltungspraxis entgegentraten und in Anlehnung an die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes (insbs. EuGH, Urteil vom 26.07.2017 – C-670/16 Mengesteab gg. Deutschland – asyl.net: M25274) entschieden, dass die in der Dublin III VO vorgesehene Familienzusammenführung vor Ablauf der vorgegebenen Überstellungsfrist zu erfolgen hat (vgl. VG Wiesbaden mit Beschluss 15.09.2017 - 6 L 4438/17.WI - asyl.net: M25517, VG Halle mit Beschluss vom 14.11.2017 – 5 B 858/17 HAL- asyl.net: M25674 sowie VG Berlin mit Beschluss vom 23.11.2017 – 23 L 836.17 A - asyl.net: M5667). Unter Bezugnahme auf eine Mitteilung der griechischen Asylbehörde vom Dezember 2018 teilte Bundesregierung im Rahmen ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Fraktion Die Linke am 13. März 2019 mit, dass diese „Altfälle“ mittlerweile nach Deutschland überstellt worden seien. Für alle weiteren Personen fände das Verfahren entsprechend der in der Dublin III VO vorgesehenen Fristen Anwendung (vgl. BT-Drs. 19/8340, Ergänzende Informationen zur Asylstatistik 2018 – Schwerpunkt Dublin-Verfahren, 13. März 2019, S. 32).
Der vorbezeichneten Antwort der Bundesregierung lässt sich zudem der wichtige Hinweis für die Praxis entnehmen, dass es 2018 in einer vergleichsweise hohen Zahl von Fällen erst im Rahmen des Remonstrationsverfahrens zu einer Zustimmung zum Übernahmeersuchen seitens der deutschtschen Behörden kam. Dies läge nach Auskunft der Bundesregierung daran, dass verfahrensrelevante Informationen durch den ersuchten Mitgliedstaat erst im Rahmen der Remonstration vorgelegt wurden. Im Rahmen der Beratung sollte daher darauf hingewirkt werden, dass betroffene Famlienangehörige die erforderlichen Unterlagen frühstmöglich an die zuständigen Behörden übermitteln, um eine zügige Entscheidung zu Gunsten der begehrten Familienzusammenführung zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
Asylsuchende Personen in Bulgarien bzw. deren Angehörige, die hier in Deutschland sind und sich für ihre Verwandten in Bulgarien einsetzen möchten oder auf die Inhaftierung von Personen, insbesondere vulnerablen Personen aufmerksam machen möchten, können sich etwa bei Unterstützungsbedarf im Hinblick auf das Asylverfahren und die Familienzusammenführung im Rahmen des Dublin-Verfahrens an das Bulgarian Helsinki Committee wenden:
Bulgarian Helsinki Committee (BHC)
Refugees' and Migrants' Legal Protection Programme
1 Uzundjovska Street
1000 Sofia BULGARIA
Tel.:/Fax: +359 2 988 0057, ++359 2 981 3318
E-mail: refunit(at)bghelsinki.org
Internet: www.bghelsinki.org/en/
Nach Auskunft von UNHCR Bulgarien gibt es in allen bulgarischen Unterkünften Informationstafeln in verschiedenen Sprachen, die das Asylverfahren einschließlich des Dublinverfahrens erklären. Auch während des Asylverfahrens weisen die Mitarbeiter der Asylbehörde auf die Möglichkeiten im Rahmen des Dublinverfahrens hin. Zudem gibt es Anwälte bzw. Mitarbeiter des Bulgarischen Helsinki Kommittees sowie von UNHCR, die zum Teil mehrsprachig sind, zum Teil mit Dolmetschern arbeiten, die regelmäßig alle Flüchtlingsunterkünfte aufsuchen und die asylsuchende Personen bezüglich des Dublinverfahrens beraten können.
Darüber hinaus gibt es Mitarbeiter des Bulgarischen Roten Kreuzes (http://en.redcross.bg/index.html ), die täglich in den Unterkünften anwesend sind und Sozialberatung anbieten und bei entsprechenden Fragen an das BHC und UNHCR verweisen.
Das Bulgarische Helsinki Kommittee betreibt eine mehrsprachige Web-Seite mit Informationen über das Asylverfahren in Bulgarien (http://www.asylum.bg/ ), darunter auch eine Seite zum Dublinverfahren, auf welche für ausführliche Informationen verwiesen werden kann: http://www.asylum.bg/en-4/en4-6/en4-6-1/
Es ist nicht bekannt, dass es zu größeren Verzögerungen bei der Asylantragstellung oder dem Stellen von Übernahmeersuchen an Deutschland durch die bulgarischen Behörden kommt, wenn Informationen zu Familienangehörigen in Deutschland vorgebracht werden. Auch für Bulgarien gilt, dass den bulgarischen Behörden möglichst unmittelbar bei der Asylantragstellung entsprechende Nachweise zu Familienangehörigen in Deutschland vorgelegt werden sollten.
Weiterführende Informationen:
Die Seite familie.asyl.net wird gefördert von UNHCR