Nachzug sonstiger Familienangehöriger (36 Abs. 2 AufenthG)

Soweit ein Nachzug unter den vorbezeichneten Regelungen ausscheidet, kommt eine Zusammenführung „sonstiger Familienangehöriger“ mit der in Deutschland aufenthaltsberechtigten Person nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 AufenthG in Betracht, wenn dies zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist.

Vom Begriff der „sonstigen Familienangehörigen“ werden insbesondere Angehörige erfasst, die nicht zur Kernfamilie zählen und damit nicht über einen Nachzugsanspruch verfügen. Dies können Großeltern, volljährige Kinder, Geschwister, Onkel  oder Tanten, Nichten und Neffen, Vollwaisen, Pflege- und Stiefkinder sein.

Der Wortlaut der außergewöhnlichen Härte macht bereits deutlich, dass dieser Nachzugsmöglichkeit eine hohe Hürde gesetzt wird. So kann das Vorliegen von einer außergewöhnlichen Härte dann angenommen werden, wenn die Ablehnung des begehrten Aufenthaltstitels bzw. Visums im Einzelfall zu Härten führt, welche unter Berücksichtigung des Schutzgebotes von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG im Vergleich zu den nach §§ 27 bis 32 AufenthG gestatteten und den nicht erlaubten Fällen des Familiennachzugs als außergewöhnlich zu bewerten sind. Dazu muss ein konkreter Einzelfall vorliegen, der in seiner Art und Schwere so gravierend ist, dass die Versagung des Aufenthaltstitels bzw. Visums zu einer unerträglichen Härte führen würde, die mit Blick auf das Schutzgebot des Art. 6 GG und den Zweck der §§ 27 ff. AufenthG unerträglich wäre und somit ausnahmsweise zur Erteilung des Visums führt.

Hiervon können Fälle erfasst werden, in denen ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds durch die Herstellung der familiären Gemeinschaft zwingend angewiesen ist (besondere Betreuungsbedürftigkeit) und die Lebenshilfe zumutbar nur im Bundesgebiet erbracht werden kann (keinerlei Betreuungsmöglichkeit im Herkunftsstaat, vgl. Nr. 36.2.2.3. AVwV-AufenthG). Betreffend der Visumserteilung zur Pflege eines Angehörigen wegen außergewöhnlicher Härte vgl. Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2019 - 11 N 59.19, asyl.net: M27973. Zur Bejahung einer außergewöhnlichen Härte im Kontext des Elternnachzugs zu einem volljährigen Kind mit subsidiärem Schutzstatus (u.a. wegen Verlust des Nachzugsrechts durch gesetzliche Aussetzung bei gleichzeitig besonderer Intensität der Mutter-Sohn-Beziehung) vgl. VG Berlin, Urteil vom 31.08.2022 - 38 K 291/20 V - asyl.net: M31267.

Härtefallbegründende Umstände müssen sich stets aus den individuellen Besonderheiten des Einzelfalls ergeben (z.B. Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, psychische Not). Umstände die sich aus den allgemeinen Lebensverhältnissen im Herkunftsland ergeben, können im Rahmen einer außergewöhnlichen Härte nicht berücksichtigt werden. Dies meint im Einzelnen ungünstige schulische, wirtschaftliche, soziale oder sonstige Umstände, vgl. AVwV zum AufenthG, Abschnitt 36.2.2.3.

Zusätzlich erschwerend wirkt die Tatsache, dass im Rahmen des Nachzugs nach § 36 Abs. 2 AufenthG regelmäßig der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung (inkl. ausreichenden Krankenversicherungsschutzes) und ausreichenden Wohnraums zu erbringen ist. Die Privilegierung des § 29 Abs. 2 Satz 2 AufenthG findet hier keine Anwendung.