Die Visastelle der Deutschen Botschaft in Kabul wurde aufgrund schwerer Beschädigungen infolge eines Bombenanschlags am 31.05.2017 für den Besucherverkehr geschlossen. Gleiches gilt hinsichtlich des Generalkonsulats von Masar-e-Sharif. Damit ist die Beantragung eines Visums zum Zweck des Familiennachzugs innerhalb Afghanistans gegenwärtig nicht möglich.
Nach Schließung der Visastellen der deutschen Auslandsvertretungen in Kabul und Masar-e-Sharif wurde die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Visaanträgen zur Familienzusammenführung von Antragstellenden mit gewöhnlichem Aufenthalt in Afghanistan an die Auslandsvertretungen in Islamabad, Pakistan, und Teheran, Iran (vormals zuständig: Neu Delhi, Indien) übertragen. Vertiefend hierzu: Fragen und Antworten: Unterstützung bei der Ausreise aus Afghanistan - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de) oder Übersicht des DRK-Suchdienstes zur örtlichen Zuständigkeit deutscher Auslandsvertretungen für den vorbezeichneten Personenkreis.
Familienangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Afghanistan haben, und die ein Visum zum Zweck des Familiennachzugs zu einer in Deutschland lebenden aufenthaltsberechtigten Person begehren, müssen sich zunächst in die Warteliste für Neuanträge zur Familienzusammenführung auf der Webseite der Deutschen Botschaft in Kabul eintragen (Ausnahme: Nachzug zu subsidiär schutzberechtigten Personen, s.u.).
Im Rahmen dieser Eintragung muss angegeben werden, an welcher Auslandsvertretung (Islamabad oder Teheran) ein Antrag gestellt werden soll und darauf hingewiesen, dass eine nachträgliche Änderung dieser Angabe nicht möglich sei. Pro Familie genügt es, einen Termin zu buchen. Wichtig ist jedoch die Anzahl, alle Namen und Passnummern der entsprechenden Familienmitglieder anzugeben, die den Nachzug nach Deutschland begehren. Nur so kann sichergestellt werden, dass allen Personen der Zutritt zur Vorsprache in der Auslandvertretung gestattet wird.
Familienangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb von Afghanistan haben, können die Terminbuchung direkt über die deutsche Auslandsvertretung des jeweiligen Landes vornehmen. Die Voraussetzung des "gewöhnlichen Aufenthalts" muss von den Antragsstellenden nachgewiesen werden (zur Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes s. auch Verfahren -> Antragstellung; Visumshandbuch, Abschnitt "Zuständigkeit deutscher Auslandsvertretungen, S. 677ff.; Informationen auf der Website der deutschen Botschaft Teheran zur Terminvereinbarung zur Visumbeantragung zwecks Familienzusammenführung für afghanische Staatsangehörige)
Hinweis! Familienangehörige, die den Nachzug zu subsidiär schutzberechtigten Personen begehren, müssen sich auf der Warteliste Nachzug zum subsidiär Schutzberechtigten registrieren. Hierbei muss jede antragstellende Person gesondert registriert werden. Familien können u.a. anhand der gemeinsamen Referenzperson in Deutschland identifiziert werden und erhalten dann zur gleichen Zeit ihren Termin.
Zur Notwendigkeit der persönlichen Vorsprache und der Zumutbarkeit langer Wartezeiten auf einen Vorsprachetermin bei einer Auslandsvertretung vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2021 - 6 S 32/21 - asyl.net: M30861, OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2021 - 6 S 47/21 - asyl.net: M30505, VG Berlin, Beschluss vom 11.01.2022 - 21 L 640/21 V - asyl.net: M30398, VG Berlin, Beschluss vom 28.01.2022 - 37 L 4/22 V - asyl.net: M30396, OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2022 - 6 S 56/21 - asyl.net: M30860 und Fachinformation des DRK-Suchdienstes vom 08.04.2022, S.3/4.
Zur Übersicht der seit 2018 bis Juni 2023 erteilten Visa zum Familiennachzug für afghanische Antragsstellende sowie Zahlen zu den im Juni 2023 noch ausstehenden Registrierungen auf den Wartelisten für einen Termin zur Antragsstellung, s. Antwort des Auswärtigen Amtes vom 06.07.2023 auf eine IFG-Anfrage zum Familiennachzug aus Afghanistan, zur vollständigen IFG-Anfrage s. FragDenStaat, Anfrage #279442.
Wurde ein Visum zur Familienzusammenführung bereits bei einer deutschen Auslandsvertretung beantragt und scheitert die Abholung an einer Ausreisemöglichkeit aus Afghanistan, können andere Auslandsvertretungen in der Region bei der Visumerteilung unterstützen, soweit Betroffenen die Ausreise aus Afghanistan bzw. Einreise in einen Anrainerstaat gelingen sollte. Nach Vorlage des Reisepasses und der Bestätigung, dass das Visum zur Abholung bereit liegt, besteht dann die Möglichkeit, dass die deutsche Auslandsvertretung des jeweiligen Aufenthaltsortes den Pass entsprechend visiert. Vgl. hierzu Hinweis des Auswärtigen Amtes unter der Rubrik „Fragen und Antworten: Unterstützung bei der Ausreise aus Afghanistan“ bzw. BT-Drs. 19/32677 vom 14.10.2021, S.8).
Grundsätzlich erfolgt die Vergabe von Vorspracheterminen zur persönlichen Antragstellung bei den deutschen Auslandsvertretungen entsprechend des Eingangsdatums ihrer Registrierung.
Eine abweichende Priorisierung kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht:
Soll der Nachzug zum unbegleiteten minderjährigen Ausländer erfolgen, der in weniger als 12 Monaten volljährig wird oder Betroffenen weniger als neun Monate vor Eintritt der Volljährigkeit noch kein Vorsprachetermin zugewiesen sein, sollte - nach der Terminregistrierung - die Botschaft Teheran unter sondertermin(at)tehe.auswaertiges-amt.de oder visainfo(at)tehe.auswaertiges-amt.de bzw. die Botschaft Islamabad unter visainfoafg(at)isla.diplo.de zur Vereinbarung eines Sondertermins kontaktiert werden. Hierbei sind unbedingt die Terminregistrierungsnummer und der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beizufügen.
Als Hinweis zur Bestimmung dieses Personenkreises können die FAQ Afghanistan des Auswärtigen Amtes dienen, welche im Zuge der Evakuierungsmaßnahmen nach Machtübernahme der Taliban veröffentlicht wurden.
Für weitergehende Erkenntnisse weist die Fachinformation des DRK-Suchdienstes vom 08.04.2022 zudem auf die Einsichtnahme von Berichten verschiedener Menschenrechtsorganisationen hin (vgl. hierzu Afghanistan - ecoi.net) und stellt hilfreiche Kernpunkte für die Darlegung einer besonderen Gefährdungslage, sowie ein entsprechendes Vorgehen bei der Beantragung eines Sondertermins zusammen (S.6/7). Hinweis! Die Beantragung eines Sondertermins aufgrund einer besonderen Gefährdungslage bleibt in der Beratungspraxis leider oft erfolglos.
Insgesamt gilt hierbei zu beachten, dass ein Hinweis auf die allgemeine Gefährdungslage in Afghanistan nicht zur Vergabe eines vorzeitigen Vorsprachetermins genügt. Vielmehr bedarf es nach Ansicht der Rechtsprechung einer von der allgemeinen Situation der afghanischen Bevölkerung abweichenden, besonderen Notlage der antragstellenden Person. So seien konkrete Anhaltspunkte zu verlangen, soweit sich die den Nachzug begehrende Person beispielsweise auf eine drohende Verfolgung durch die Taliban aufgrund der Aktivitäten der den Nachzug vermittelnden Person (mit Flüchtlingsstatus in Deutschland) beruft. Dies gelte umso mehr, desto länger diese entsprechenden Aktivitäten zurücklägen, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2021 – OVG 6 S 32/21 (hier ablehnend).
Das Servicezentrum der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Kabul ist seit Mitte August 2021 geschlossen. Dennoch führt IOM das Familienunterstützungsprogramm (FAP) aus Büros an anderen Standorten (z.B. Istanbul) fort und unterstützt Personen, die den Familiennachzug begehren, weiter bei der Vorbereitung ihrer Anträge (BT Drs. 19/32677 vom 14.10.2021, S.8).
Unter der Rubrik „Fragen und Antworten: Unterstützung bei der Ausreise aus Afghanistan“ weist das Auswärtige Amt darauf hin, dass afghanische Antragstellerinnen und Antragsteller, die noch keinen Familiennachzug nach Deutschland beantragt haben, sich per E-Mail unter info.fap.af(at)iom.int an IOM wenden können, um Unterstützung bei der Zuteilung eines Termins an einer deutschen Auslandsvertretung in der Region zu erhalten, soweit freie Kapazitäten bestehen. Nach Auskunft von IOM bleibt eine vorherige Terminregistrierung über die Webseite der deutschen Botschaft in Kabul jedoch erforderlich.
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